Ronny Eschner dachte, es sei eine biologische Sensation.
Jetzt ist er glücklich, emsige Helfer im Garten zu haben
Anfangs glaubte Ronny Eschner aus Mellingen noch an einen biologischen Sensationsfund. Große schwarze Käfer lagen teils regungslos an seinem Komposthaufen. Das ließ ihn nicht mehr los. Einen Tag später fand er über zehn tote, rund drei bis vier Zentimeter lange Ungetüme. Jetzt hatte ihn das Interesse richtig gepackt. Und die Familie – Frau, die Kinder Enya (5) und Elly (2) – waren auch längst von der Neugier infiziert.
Eigentlich war das Umsetzen des Komposthaufens geplant. Doch hier ist etwas im Gange, schoss es Ronny Eschner durch den Kopf. Im Beisein der Familie wurde vorsichtig die Gittereinfassung vom Komposthaufen gelöst und eine Ecke der halbverrottenden Gartenabfälle und Holzschnitzel freigelegt. „Wir waren sehr vorsichtig und gespannt“, sagte Eschner. Und plötzlich kamen riesige „Maden“ zum Vorschein – acht bis zehn Zentimeter lange hellhäutige Larven (Engerlinge).
„Die Kinder waren ganz aufgedreht, aber auch gespannt“, so der Familienvater. Von Angst keine Spur. Die Kleinen wurden schon früh in das Naturleben einbezogen.
Ronny Eschner recherchierte weiter. Er stieß auf den Nashornkäfer, erforschte dessen Lebenszyklus, Verbreitung und Nützlichkeit. Doch die Recherche beim Naturschutzbund (NABU) in Gotha brachte auch Ernüchterung – keine Sensationsentdeckung, aber unbedingt schützenswert. „Die Käfer sind wieder weitverbreitet“, ließ der NABU verlauten. Und wenn die Bedingungen stimmen wie im Eschnerischen Garten – bestimmte Holzarten, verschiedene Pilze, Enzyme und Bakterien – dann werden sie aktiv und heimisch.
„Ich freue mich, dass es wieder Nashornkäfer gibt und dass sie sich angepasst haben“, so Eschner. Er und besonders die zwei Kinder sind immer noch begeistert und beobachten das Geschehen wissbegierig, aber auf Distanz.
Die toten Käfer fanden sogar den Weg zur Erklärung in den Kindergarten. Enya hatte genug zu erzählen. Doch dort wurde auch ersichtlich, dass einigen Kinder beim Anblick der Käfer nicht wohl war. „Meine Kleinen interessieren sich, erforschen und fassen auch Tiere an. Sie wachsen mit und in der Natur auf“, sagte Ronny Eschner. Er selbst ist von klein auf naturinteressiert, züchtete einst Schmetterling, Weinbergschnecken, Schildkröten und heute Kois.
„Es ist wichtig, dass man den Kindern die Tür zur Natur öffnet“, sagte Eschner überzeugend. Für Familie Eschner steht fest, der Komposthaufen bleibt geschütztes Terrain. Die Larven können so einige Jahre ihre Arbeit verrichten und sich nützlich bei der Zersetzung der Gartenabfälle machen – Mensch und Natur im Einklang.
HINTERGRUND
• Der Nashornkäfer steht in der Bundesartenschutzverordnung und gilt als „besonders geschützte“ Tierart.
• Die Larven leben im Holz abgestorbener Bäume und brauchen drei bis fünf Jahre für ihre Entwicklung.
• Der Puppenkokon, der aus Lehm und Sägespänen besteht, ist etwa so groß wie ein Hühnerei.
• Auch wenn sich der Nashornkäfer (Oryctes nasicornis) von Süden aus verbreitet hat, ist er eher selten. Er gehört zur Familie der Blatthornkäfer, zu denen auch Maikäfer, Mistkäfer und Rosenkäfer zählen.
• Mit bis zu vier Zentimetern Körperlänge zählen die glänzend kastanien- bis schwarzbraunen Käfer zu den größten Europas.
• Larven und Käfer verschmähen lebendes Pflanzenmaterial und verdauen ausschließlich abgestorbenes Pflanzengewebe (Holzmaterial).
Somit sind sie der ideale Helfer im Kompost.
• Die Käfer schlüpfen bei höheren Temperaturen etwa Anfang Juni. Sie sind dämmerungsaktiv.
• Die Käfer leben nur rund fünf Wochen, um sich fortzupflanzen.
• www.insektenbox.de
• www.nabu.de